Kommandant schlägt Alarm

KOMMANDANT SCHLÄGT ALARM

◆ Abteilungsleiter der Ortsteilwehr Neuhausen will von Amt zurücktreten.

◆ Gesamtkommandant teilt Kritik an Gemeinde und personeller Situation nicht.

LISA BELLE | NEUHAUSEN

Seit sieben Jahren ist Adrian Liepe Abteilungskommandant der Freiwilligen Feuerwehr im Ortsteil Neuhausen. Mit dem Ende des Jahres wird er dieses Amt jedoch niederlegen, das gab er bei der Abteilungsversammlung bekannt. Am Dienstag kochte das Thema in der Gemeinderatssitzung hoch.

Das Gremium entschied einstimmig, Liepes Antrag auf Abberufung zuzustimmen. In diesem Zuge legte die Verwaltung ein Schreiben des Abteilungskommandanten vor, in dem er die Gründe für seine Entscheidung offenlegt. Darin malt er ein düsteres Szenario: Stellt euch vor, es brennt, und kaum einer kommt, um zu helfen. Worauf der Abteilungskommandant hinaus will, ist ein Problem, mit dem viele Wehren landauf, landab kämpfen: Nur wenige Aktive sind tagsüber in der Lage zu Einsätzen zu eilen.

Von den 21 Aktiven der Abteilung Neuhausen seien nur neun tagesverfügbar, viele hätten das gesetzliche Maximalalter von 65Jahren überschritten. „Ich bin der Meinung, dass diese Thematik und die daraus entstehenden möglichen Folgen den meisten Entscheidungsträgern der Gemeinde sowie dem Gemeinderat nicht bekannt beziehungsweise bewusst sind“, schreibt Liepe, der persönlich für die PZ nicht zu erreichen war.

Und er übt weitere Kritik: Als selbstverständlich werde angesehen, dass die Feuerwehr in Schulen und Kindergärten Brandschutzerziehung leiste, den Maibaum stelle oder bei Veranstaltungen wie an Fasching für die Absperrung sorge. Er fordert darum seitens der Gemeinde, der Feuerwehr einen höheren Stellenwert einzuräumen als anderen Vereinen. Zu wenig Unterstützung seitens der Verwaltung bemängelt er auch beim Werben um neue Mitglieder: „So ist zum Beispiel nur ein Mitarbeiter der Gemeinde auch Mitglied der Feuerwehr“, schreibt Liepe. Zudem wünsche er sich seitens des Rathauses unter anderem den Abbau von Bürokratie und bessere Kommunikation. Die Aufgaben des Abteilungskommandanten seien für ihn oft zu zeitaufwendig, „da es häufig zu wenig Fortschritte, zu geringe Unterstützung und zu viele Auseinandersetzungen gibt“, begründet Liepe seine Entscheidung.

Rathaus schnürt Hilfspaket

Das Schreiben ließ den Gemeinderat aufhorchen. Vor allem Sascha Jost (CDU), Fördervereinsvorsitzender der Feuerwehr-Abteilung Steinegg, machte sich für mehr Einsatz seitens der Kommune stark: „Das ist ein kleiner Hilferuf. Er macht sich Gedanken, wie die Feuerwehr ihren Leistungen überhaupt noch nachkommen kann und will die Verantwortung nicht mehr tragen“, sagte Jost – „wir können nicht einfach darüber hinweggehen.“ Die Gemeinde solle die örtlichen Firmen anschreiben und um Unterstützung bitten, Bauhof-Mitarbeiter als Aktive einsteigen. Auf den Vorschlag von Petra Leicht (SPD) hin, soll im neuen Gemeinderat ein Arbeitskreis gegründet werden, der sich der Probleme annimmt. „Wir werden ein Paket schnüren und damit in den Gemeinderat kommen“, stellte Bürgermeister Oliver Korz in Aussicht. Darin enthalten sein sollen Maßnahmen, um die Jugendarbeit zu stärken, Quereinsteiger zu gewinnen und die Aufgabe „attraktiver zu machen“. Dies könne finanzielle Auswirkungen haben.

Das Geld sei kein ausschlaggebender Faktor, glaubt der Gesamtkommandant der Neuhausener Wehr, Carsten Kern, der die Wogen zu glätten versucht. Um die Tagesbereitschaft zu stärken, würden seit Jahren alle vier Ortsteilwehren alarmiert. Es sei in keinem Fall vorgekommen, dass zu wenig Einsatzkräfte bereitstanden. Rund zwölf seien auch tagsüber im Schnitt erreichbar – für 25Einsätze im vergangenen Jahr. Liepes Rede und Entscheidung habe ihn überrascht, sagt Kern. Er selbst schätzt die Situation entspannter ein: „Die allgemeine Tagesverfügbarkeit ist ausreichend, aber nicht überragend.“ Kern hofft trotz Zulaufs in der Jugendarbeit auf Quereinsteiger für den aktiven Dienst – auch auf Frauen, von denen es derzeit keine einzige in der Neuhausener Wehr gibt.

Eine Fusion der Ortsteilwehren würde in der Sache nicht helfen, glaubt Kern. Ein Zusammenschluss werde aber immer wieder zur Diskussion stehen – „und der wird man sich irgendwann stellen müssen.“ Die Überzeugung der Mitglieder und die Standortwahl eines zentralen Feuerwehrhauses – all das sei „ein langwieriger, schwieriger Weg“, prognostiziert er. In Entscheidungen der Abteilungen, wie die Suche nach einem Nachfolger für Liepe, mische er sich nicht ein. Nur so viel: „Es werden schon Gespräche geführt.“

Wer sich eine Mitgliedschaft bei der Feuerwehr Neuhausen interessiert, erreicht Kommandant Carsten Kern telefonisch unter (01 72) 7 18 32 73.

Quelle: pz-news.de / Pforzheimer Zeitung (Ausgabe vom 31.05.2019)